Musik & Bildung – Ausgabe 1.17 Leseprobe

Wild Boys walk this way –
Wild Girls auch

Ein Hit als Ausgangspunkt für ein eigenes Arrangement
mit Bodypercussion, Trommelspiel und Szene

Knut Dembowski

 

Beim Musik machen in der Gemeinschaft besteht die große Chance, verborgene Talente zu entdecken, zu verstärken und längerfristig zu fördern, sodass sich daraus echte Kompetenzen entwickeln können. Voraussetzung dafür und Zielsetzung dabei gehen Hand in Hand: dass SchülerInnen von sich selbst und von ihren Klassenkameraden als wichtig und leistungsfähig wahrgenommen werden. Das geschieht im Unterricht produktiv durch gemeinsame Arbeit. Im Musikunterricht: durch gemeinsame Arbeit am gemeinsamen Musizieren.

Bodypercussion-Aktionen zu dem Song Walk this Way dienten ursprünglich als Warming Up bei der Arbeit mit fünften und siebten Jahrgängen. Durch Ausprobieren verschiedener Body-Sounds zu einem Pattern, gezieltes Üben einzelner Passagen und Aufteilung der Parts in Gruppen kamen viele Ideen der SchülerInnen zur Gestaltung einer jeweils eigenen Version auf Basis von Bodypercussion zusammen. Aus dem, was funktionierte, entstand der vorliegende Bodypercussion-Satz. Ein wesentlicher motivationaler Impuls für die Arbeit mit Bodypercussion ist das Einbringen leichter szenischer Elemente. Sie bieten die Möglichkeit, weitere Fähigkeiten der Beteiligten einzubringen und machen viele rhythmische Elemente und Besonderheiten oft erst sichtbar.

 

Anforderungen an die SchülerInnen

  • Erkunden, Auswählen, Kombinieren und Organisieren musikalischer Ideen im Rahmen einer musikalischen Struktur
  • Sounds analysieren und vergleichen
  • Sounds auf Körper und ggf. Instrument so kontrolliert und genau wie möglich spielen
  • Genau Hören und musikalische Elemente wie Dauern, Dynamik, Tempo, Sound-Kombinationen und -Organisationen zusammenbringen und über die individuelle Verschiedenheit ihrer Ausführung ins Gespräch kommen
  • sich selbst als Musik schaffend und verändernd wahrnehmen und erleben.

Arbeit mit dem Bodypercussion-Satz

Probieren Sie mit den SchülerInnen nicht übermäßig an einer Stimme herum, die auch nach mehreren Anläufen nicht hinzukriegen erscheint – schon gar nicht in Einzel- oder Kleingruppenarbeit, wenn der Großteil der Klasse längere Zeit nichts zu tun hat. In solchen Fällen sollten Sie die Stimme vereinfachen, streichen oder neu erfinden.
Entscheidend ist, dass die einzelnen Gruppen jeweils eine relative rhythmische Stabilität aufweisen. Dabei fängt die Gruppe rhythmische Unsicherheiten einzelner TeilnehmerInnen auf. Verändern Sie gemeinsam mit der Klasse das Arrangement so, dass der größtmögliche Spielfluss entsteht. Das Vereinfachen bzw. Erweitern der Grooves und der Aktionen in Korrespondenz mit den Fähig- und Fertigkeiten der SchülerInnen ist ausdrücklich erwünscht. Ebenso, dass jedes Kind in seinen individuellen Möglichkeiten weiter kommt und etwas entdeckt, was es vorher so nicht geahnt hat oder ausführen konnte.
Der Beat bildet den rhythmischen Kern des Bodypercussion-Satzes:

Er ist überschaubar und leicht nachzuvollziehen. Wer während des Musizierens – unabhängig von seiner eigenen Spielstimme – aussteigt, kann mit dieser Figur immer wieder in die Basis-Stimme 1 wechseln und hineinkommen. Dazu braucht es ggf. die Unterstützung der Lehrkraft, die z. B. den Einsatz an einer geeigneten Stelle gibt.
Der Satz kann mit und ohne Vokal-Aktionen ausgeführt werden. Am besten wird beides ausprobiert und anschließend die unterschiedliche Wirkung besprochen.

 

Kommentare zu den Stimmen

Stimme 1 bildet den Basis-Groove. Er läuft mit einer Ausnahme die gesamte Zeit durch, alle anderen Stimmen werden darüber gelegt. Ausnahme: Stimme 7 (Break) wird von allen unisono gepatscht und geklatscht. Stimme 1 sollte möglichst von allen SchülerInnen durchgeführt werden können – die Ausführung jeder Body-Aktion ist auf verschiedene Weise möglich, sodass diese Stimme ein breites Angebot für inklusives gemeinsames Musizieren bereit hält. Damit dies gelingt, sind u. a. folgende Beteiligungen wie aufgeführt oder in Kombinationen möglich:
• Brustpatschen auf den Zählzeiten 1 und 3.
• Brustpatschen auf den Zählzeiten 1 und 3, Klatschen auf den Zählzeiten 2 und 4, das Reiben am Ende der Figur entfällt.
• Beide obige Aktionen, aber jetzt mit Reiben am Ende der Figur.
• Auf den „und“-Zählzeiten zusätzlich mit der rechten Hand schnipsen (mit oder ohne Reiben).
• Das Brustpatschen mit der linken Hand hinzunehmen.
Die Hauptaktionen werden mit der rechten Hand ausgeführt (bei Linkshändern mit der linken Hand).
Stimme 2 gibt es in zwei Varianten: 2a wird allein ausgeführt, 2b mit zwei Partnern. Die Aktionsfolge in 2a, Takt 2, Zählzeiten 3+ und 4 muss gesondert geübt werden, da das Schnipsen den Bewegungsfluss zunächst hemmt. Dieses Schnipsen kann ansonsten durch einen weiteren Klatscher ersetzt werden. Für die Ausführung von 2b werden drei Personen benötigt. Die SchülerInnen sitzen im Kreis oder Halbkreis. Das Patschen auf den Oberschenkeln erfolgt grundsätzlich auf dem eigenen Körper, das Klatschen im Wechsel mit einem ersten und einem zweiten Partner (rechter und linker Nachbar). Die jeweiligen Partner müssen vor der Aktion unbedingt festgelegt werden, da an dieser Stelle ein (sehr) schneller motorischer Richtungswechsel erfolgt – eine Herausforderung, die gut eingeübt werden muss.
Stimme 3 ist rhythmisch relativ einfach, der Einsatz muss durch die Lehrkraft jedoch gut vorbereitet werden, denn Aktionen mit den Beinen, vor allem das Stampfen, geschehen häufig zeitverzögert. Verstanden werden muss, dass die Füße bereits kurz vor der Aktion gehoben werden müssen, um rechtzeitig auf den entsprechenden Zählzeiten zu landen. Gehen sie erst dann in die Höhe, kommt der Sound automatisch zu spät.
Stimmen 4 und 5 entwickeln sich aus Stimme 3. Ursprünglich waren sie ein kurzes überleitendes Fill In, jetzt zögern sie, erweitert, den Chorus (Stimme 6) hinaus. Als Herausforderung kann die unten abgebildete Figur Verwendung finden. Der Call-and-Response-Wechsel in Stimme 5 geschieht sehr schnell. Sie können sich auch für eine der beiden Stimmen entscheiden oder sogar beide Stimmen wegfallen lassen, da sie nicht zum Gerüst des Stücks gehören.

Stimme 6 bildet den Chorus. Auch hier gibt es zwei Varianten, die bei Bedarf aufbauend miteinander kombiniert werden können. 6a besteht aus dem ersten Teil der auch unter Afro-Clave bezeichneten Rhythmusfigur, bei der es auf die Genauigkeit des zweiten Klatschers ankommt. Dieser Part ist vornehmlich unter Zuhilfenahme des Textes zu üben. 6b ist die Kombination von 6a mit 3.
Stimme 7 bildet als Break gleichzeitig den Schluss eines Durchgangs und die Überleitung zum neuen Start. Er ist leicht auszuführen und wird von allen Beteiligten gespielt. Das Crescendo sollte deutlich herausgearbeitet werden: wirklich sehr leise beginnen!

 

Choreografie

Bodypercussion wirkt besonders, wenn choreografische Elemente die Sound-Aktionen unterstützen. Den Kern hierzu bildet das Call-and-Response-Prinzip, das sich durch den Satz hindurchzieht und durch die Gruppierung von Mädchen und Jungen sichtbar gemacht wird. Ausgehend von einer Basis-Aufstellung probieren die Gruppen dazu mehrere Ideen. Es werden drei größere Gruppen benötigt, die nicht zwangsläufig paritätisch aufgeteilt werden müssen. In jeder Gruppe sollten SchülerInnen unterschiedlicher rhythmisch-motorischer Fertigkeiten beteiligt sein. Die Grund-Aufstellung wird durch ein Dreieck gebildet. Eine solche Formation ist im Raum stabil. Das Dreieck bildet in diesem Fall die szenisch-orientierte Struktur, die als Rahmen alle weiteren Aktionen zusammenhält und das Mit-einander widerspiegelt.

Innerhalb des Dreiecks ist die Position der Stimme-1-Gruppe an der Spitze zentral, die als räumliche Orientierung dient. Da deren Groove nahezu die gesamte Zeit durchläuft, bilden diese SpielerInnen eine Linie, die im Idealfall bis zu den beiden anderen Gruppen reichen sollte. Die Gegenpole Mädchen – Jungen agieren davor auf einer Linie. Die Aktionen dieser beiden Gruppen sind grundsätzlich der Gegenseite zugewandt.

Die choreografische Ausführung des Breaks (Stimme 7) sieht vor, dass Jungen und Mädchen aufeinander zu gehen und ihren Standort wechseln. Zwischen den Spielerinnen und Spielern müssen ausreichend Lücken zum problemlosen Durchgehen gehalten werden.

 

 

Weitere Möglichkeiten

Rap
Zu den Stimmen 1, 2 und 6a als rhythmische Basis können die SchülerInnen versuchen, den Text der RUN D.M.C.-Version zu rappen. Dieser ist im Internet schnell zu finden. Am besten werden die Verse und Strophen dazu auf verschiedene VokalartistInnen verteilt. Die RapperInnen üben ihre Stimmen zum Originalsong mittels MP3-Playern und Kopfhörern oder CD-Player in einem Nebenraum. Die Grund-Choreografie bleibt erhalten, die RapperInnen lösen sich jeweils aus ihren Gruppen und bewegen sich frei zwischen den Polen. Der Chorus wird kollektiv ausgeführt.
Power-Drums
Das Arrangement lässt sich leicht auf Trommelinstrumente übertragen. Dazu werden alle Instrumente gebraucht, die mit einem Schlagfell ausgestattet sind.
Stimmen 2-7:
• Djembe, Cajon: mit Händen gespielt
• Congas, Bongos, Handtrommeln: mit Filzkopfschlägeln gespielt
• Surdos, Bass Drums: mit großen Schlägeln gespielt
• Stand-Toms, Toms, Snare Drum (Teppich ausgeschaltet): mit Sticks gespielt
Jede Trommel hat mindestens zwei gut voneinander unterscheidbare Sounds, die für eine Ausführung genutzt werden:
• mit Schlägeln: einen Schlag auf das Fell, einen Schlag an den Trommelkorpus.
• mit den Händen: Schlag in die Mitte und Schlag an den Rand.
Darüber hinaus kann auf alles geschlagen wer- den, was einen klaren und starken Sound ergibt: dicke Metallbleche, Fässer, Stühle, Tische, notfalls auf den Parkettboden. Je mehr Klangträger einer Sorte in einer Gruppe sind, umso wirkungsvoller ist das gesamte Sound-Ergebnis. Ist nur eine begrenzte Anzahl an Fellinstrumenten vorhanden, sollten diese in einer Gruppe zusammengefasst werden. Die andere Gruppe wird mit Kleinpercussion ausgestattet (Claves, Woodblock, Triangel …).
Wird Stimme 7 (Break) mit Platzwechsel ausgeführt, verlassen die SpielerInnen ihre Instrumente und wechseln mittels Bodypercussion. Am neuen Ort wird der zweite Durchgang dann mit den dort vorhandenen Instrumenten gespielt, was neue interessante Sound-Varianten ergeben kann. Aus diesem Grund sollten beide Gruppen in etwa gleich groß bzw. Instrumente in ausreichender Anzahl pro Ort vorhanden sein.

Stimme 1: Werden Trommeln eingesetzt, sollte Stimme 1 sicheren SpielerInnen übertragen werden, und zwar sicher in dem Sinne, dass der Groove ohne eklatante Temposchwankungen oder Unterbrechungen über die gesamte Zeit konstant durchgehalten werden muss. Dafür müssen die SchülerInnen keine ausgewiesenen Schlagzeuger sein. Der Groove ist mit etwas Übung für die meisten erlernbar, da die Schläge nacheinander erfolgen und nicht gleichzeitig synchronisiert werden müssen:

 

Nicht jede Schule wird mit vier einfachen Standschlagzeugen ausgerüstet sein. Diese bringen – relativ synchron gespielt – viel Energie in den Groove. In der Regel steht ein Drumset zur Verfügung, das von einem Spieler bedient wird. Dieser wird genau an die Spitze des Dreiecks (s. o.) positioniert. Stehen alternativ drei oder mehr Cajons zur Verfügung, wird der Groove Stimme 1 darauf gespielt. Drumset und Cajon können auch gleichzeitig eingesetzt werden.
Für das Scratch-Geräusch, das in dem Bodypercussion-Satz durch Wischen imitiert wird, gibt es eine amüsante Alternative: Drei SpielerInnen mit jeweils zwei Blättern feinem Schmirgelpapier stehen vor jeweils einem Mikrofon. Am Ende des zweiten Takts reiben sie direkt vor ihrem Mikrofon die beiden Blätter wie notiert aneinander.

 

Einzel-Beitrag als PDF erhältlich, inkl. sämtlicher Arbeitsblätter und Noten.