Sterne, Licht und Weihnachtszeit
Meinhard Ansohn
Sterne sind ursprünglich Boten aus Licht, die uns zur Weihnachtszeit an allen Ecken von Weihnachtsmusik umhüllt begegnen. Manchmal ist es vielleicht gut, den vielzackigen Sternen auch im Musikunterricht Licht und Klang zu geben, damit das Weihnachtsfest sich nicht in Dekoration erschöpft.
Unerschöpflich ist dieses alljährlich wiederkehrende Thema: die Weihnachtszeit mit ihrem Symbol des neuen Lichts in der Welt und dem Stern, der diejenigen zur Krippe führt, die sie suchen und besuchen wollen. In vielen Heften hat sich MUSIK in der Grundschule des Themas Licht und Sterne für den Musikunterricht angenommen. Dieser Beitrag stellt mit zwei Liedern die Bedeutung des Lichts als ganz eigene emotionale Erfahrung in den Mittelpunkt und schickt Kinder auf die Suche nach Sternen in ihrer realen und medialen Erfahrungswelt. Weihnachten ist dafür diesmal eher nur die jahreszeitliche – regional auch die religiöse – Motivation.
Sterne über Sterne 1
Es weihnachtet sehr! Überall blitzen Lichter. Sterne sind in den Schaufenstern und manchmal auf den Straßen, manchmal in Fenstern der Wohnhäuser. Wer kann sie zählen? Manchmal sehen sogar einfache Lichterketten wie Sternketten aus, wenn die Luft ein bisschen neblig ist. Dann kannst du ein bisschen die Augen zusammenkneifen und durchblinzeln. Viele Lichter erscheinen dann wie noch mehr Sterne. Kannst du dir merken, wie sie aussehen und sie in der Schule oder zu Hause aufmalen?
In der Geschichte des Sternsymbols gab es viele unterschiedliche Sterne mit ganz unterschiedlichen Zackenzahlen. Die ältesten Sterndarstellungen sind über 4000 Jahre alt. Sie sind fünfzackig und gelten als Schutzsymbol. Bis heute gibt es fünfzackige Sterne (Pentagramme = „Fünfschrift, fünf Linien“), angeordnet wie Seesterne, nur mit geraden Linien auf Glücksbringern, auf Schmuck und auf Nationalflaggen (Äthiopien, Marokko, vier Sterne bei Neuseeland, 12 Sterne bei der EU, 50 Sterne bei den USA usw.).
Dem Stern mit dem Glockenspiel Musik geben
Diesen fünfzackigen Sternen können wir Klänge schenken. Malt einen fünfzackigen Stern oder schneidet ihn aus (CD-ROM A3). Nehmt ein Glockenspiel mit hellem Klang und sucht euch fünf verschiedene Töne. Spielt sie in einer Reihenfolge, die euch gefällt. Schreibt die fünf Tonnamen neben die Spitzen des Strahls und ihr habt ein kleines aufgeschriebenes Stück Sternmusik. Versucht zu zweit eure Musiken zu verbinden. Passen die Reihen gut hintereinander? Klingen sie sogar gleichzeitig schön? Eine besondere Fünftonreihe, bei der viele Kombinationen gut miteinander klingen, ist die so genannte pentatonische Reihe. Sie ergibt sich aus denTönen c–d–f–g–a. Man kann sie als „aufgehenden Stern“ von tief nach hoch oder als „untergehenden Stern“ von hoch nach tief spielen. Wenn mehrere Kinder diese Reihe nach und nach beginnen, wird das ein kleines funkelndes Himmelsstück. Überlegt, mit welchem Stern es anfangen soll und wie ihr aufhört: alle gemeinsam oder nach und nach verklingend.
Sterne über Sterne 2
Sterne als Himmelskörper sind eigentlich rund. Die meisten sind Sonnen und haben ein eigenes Licht, das man viele Millionen Kilometer weit sieht. Bei uns auf der Erde sehen sie mit bloßem Auge nicht alle rund aus. Die Luft verwirbelt sich ein bisschen, macht unscharf und erzeugt die Idee, dass Sterne Strahlen hätten, die man zackig oder als Zungen, Schlangen, Blütenblätter aufmalen könnte. Seesterne (Meerestiere) und viele Blumen gehören zu diesen Lebewesen, denen man eine Sternform zuschreibt.
Interessant ist, dass die Menschheit zum Thema Stern sich ein bisschen aufgeteilt hat: die Schlauen und die weniger Schlauen. Heute ist man sich ziemlich sicher, dass die „Weisen aus dem Morgenland“, sofern es sie wirklich gab, Wissenschaftler waren, die einen runden Himmelskörper gesehen haben und in der Richtung dieses Himmelskörpers nach einem besonderen Platz gesucht haben. Manche meinen sogar, es sei der Halleysche Komet gewesen, der immer mal erdnah vorbeifliegt, zuletzt 1986. Der Maler Giotto di Bondone hat den Kometen 1301 gesehen und die Geburt von Jesus könnte im Jahr 12 vor unserer Zeitrechnung gewesen sein, als der Komet auch vorbeikam.
Für viele Menschen sind Kometen (Schweifsterne aus Eis, Stein oder Staub) dasselbe wie Meteore (verglühende, aufleuchtende Staubbälle): Alles, was sich schnell am Himmel bewegt und leuchtet – und kein Satellit oder Flugzeug ist –, wird gern als Sternschnuppe bezeichnet. Die gemalten Bilder von Sternschnuppen sind fast immer gezackte Bilder mit einem gelb-goldenen Schweif. So wird bis heute fast immer in Krippenbildern der „Stern von Bethlehem“ dargestellt. Sternschnuppen sind Hoffnungszeichen, dass die Welt besser werden könnte; Glücksbringer, die helfen, dass Wünsche in Erfüllung gehen. Manchmal gehen sie schon deswegen in Erfüllung, weil man beim Anblick der Sternschnuppe genau weiß, was man sich wünscht. Das könnte bei Weihnachtsgeschenkwünschen sogar klappen …
Sternschnuppenmusik
Der Glasharfenspieler Bruno Hoffmann hat ein Stück geschrieben mit dem Namen Scherzo – Étoiles filantes. Étoiles filantes ist französisch und bedeutet Sternschnuppen und Scherzo ist das italienische Wort für ein kleines Musikstück mit besonderem Gefühlsausdruck. Diese Musik ist sehr schwer zu spielen, da ein einziger Musiker, hier die Schweizer Musikerin Ingeborg Emge, viele Töne schnell nacheinander oder gleichzeitig mit ihren angefeuchteten Fingern auf den Rändern von gestimmten Gläsern anreiben muss.
Könnt ihr euch in die Welt der Sternschnuppen einfühlen? Hört euch einmal das Stück an und vielleicht könnt ihr beschreiben, wann nur eine Sternschnuppe fliegt und wie oft. Und wann es viele gleichzeitig sind. Und ob sie nach oben oder nach unten zu fliegen scheinen. Erzählt davon! Dann bekommt jeder ein schwarzes oder dunkelblaues Stück Tonpapier. Ihr nehmt einen weißen oder gelben Buntstift, wenn ihr habt, einen Leuchtstift und macht beim nächsten Hören kleine Bogenbewegungen über das Blatt, ganz kleine nur, und manchmal streift ihr das Blatt, so dass ein gebogener Strich übrigbleibt. Beim dritten Hören könnt ihr einzelnen Bögen eine Sternform dazusetzen, nur klein, damit noch etwas vom dunklen Nachthimmel zu sehen ist. Am Ende hängen wir uns die Bilder an die Wand. Wir gehen beim Hören an unserer kleinen Galerie vorbei und schauen, wie die Anderen ihre fliegenden Sternschnuppen verteilt haben.
Sterne über Sterne 3
Oft haben Sterne sechs und mehr Strahlen oder Zacken. Der Davidsstern wird meistens mit dem Judentum gleichgesetzt, aber man findet ihn auch an der christlichen Friedenskirche in Leipzig. So wie das fünflinige „Siegel Salomos“ auf der Flagge vom muslimischen Marokko steht, sind diese Sterne kein Eigentum von irgendjemandem. Stern ist menschengemachtes Allgemeinsymbol, auch wenn manche meinen, ein bestimmter Stern sei nur ihr eigener wie etwa der dreistrahlige Mercedes-Stern, der fünfstrahlige Chrysler-Stern oder der Subaru-Sternenhimmel mit sechs vierstrahligen Sternen. Sterne gelten als Güte-Siegel, deshalb gibt es keine Fünf-Mäuse-Hotels, sondern welche mit fünf Sternen. Dein „guter Stern auf allen Wegen“ kann alles Mögliche sein. Wenn eine Aufgabe unter einem guten Stern steht, dann ist man beschützt, sei es durch tatsächlich helfende Menschen, sei es durch eigene „helle“ Energien wie Mut und Selbstvertrauen. Nur mit einem Gefühl des Vertrauens kann der Stern wirken. Wenn ihr Sterne für die Weihnachtsdekoration bastelt, gib einfach deinem Stern ein ganz eigene Farbe oder sogar eine eigene Form (CD-ROM A3).
Ein winterlicher Schmuck für den Raum ist der Weihnachtsstern, eine besondere Pflanze, die an warmen, dunklen Orten, z. B. im Aztekengebiet im heutigen Mexiko und in Ostafrika wächst. Bei uns gedeiht sie am besten im Haus zur Weihnachtszeit, wo wenig Sonnenlicht von außen kommt. Die schönen roten Blätter sind aber nicht die Blüten, sondern die Hochblätter der Pflanze, die das sternförmige Aussehen mit vielen „Strahlen“ prägen.
Ein Stern für unser Klassenzimmer
Unendlich viele Sterne liegen in der Weihnachtszeit auf den Ramschtischen der Kaufhäuser, noch eine Lichterkette, noch ein Glitzerband, noch eine Dekoration für dies oder jenes. Wenn wir uns Sterne für unseren Klassenraum basteln, malen oder ausschneiden, könnten wir auch ganz eigene Himmelskörper herstellen, z. B. einen runden, blauen Planeten wie unsere Erde, die vom Wasser blau gefärbt ist oder wie Neptun, der blaue Eisriese, den man nur im Herbst mit dem Fernrohr sehen kann, über viereinalb Milliarden Kilometer von der Erde weg.
Gustav Holst hat eine beeindruckende Musik über den Neptun schrieben. Sie klingt nach wellenförmigen Flötenmelodien, zauberhaften Harfen- und Celestaklängen und einem Chorgesang am Schluss, ein bisschen wie Engelsmusik, gar nicht weihnachtlich gemeint, aber ganz in der Nähe einer geheimnisvollen Stimmung kurz vor Heiligabend.
Diese Musik bei der Vorbereitung der Adventsdekoration zu hören, kann uns zur Ruhe kommen lassen. Es gibt aber auch die Möglichkeit, damit eine Lichterchoreografie zur Weihnachtsaufführung zu machen. Wenn man kein echtes Feuer nehmen will oder darf, gibt es kleine LED-Teelichte, die nicht gefährlich sind und nicht heiß werden. Wir nehmen alle je ein Licht auf eine Hand und gehen damit in Schlangenlinien umeinander herum, bleiben stehen und gehen in kleinen Gruppen oder allein weiter. Die Lichter heben und senken wir nach Verabredung Eine feste Aufstellung können wir uns frei überlegen, je nachdem, wie groß unsere Bühne ist. Blaue Kleidung, von hellblau über dunkelblau bis zu petrolfarben wirkt geheimnisvoll vor weißem oder schwarzen Hintergrund.
Viele Stars, großer Kosmos, wer ist mein Stern?
Wer einmal einen Sternenhimmel in klarer Nacht gesehen hat, bekommt mitunter ein Gefühl des Kleinseins auf dieser Erde. Das kann wohltuend oder bedrohlich sein. Es ist kein Zufall, dass wir die entferntesten Dinge, wie z. B. Sterne, in unser Gegenüber hineinprojizieren. Du bist mein Stern war ein Riesenhit der deutschsprachigen Popmusik, Püppchen, du bist mein Augenstern kommt aus der Schlagerwelt des frühen 20. Jahrhunderts. Mit dem Stern, der deinen Namen trägt möchte sich jemand verbinden oder jemanden im All verewigen. Wir sind vom selben Stern und viele andere Songs und Lieder sind Zeichen für das große Bedürfnis nach Glück, Gemeinsamkeit, Dauerhaftigkeit von Beziehung, Ewigkeit.
Ein Stern macht noch kein Weihnachtsfest
Auf der Suche nach einem Lied, das etwas schlichtere Ansprüche hat und trotzdem die Sterne auf seiner Seite hat, kam es zu dem Lied Sterne. Zunächst nur dafür gedacht, in der Grundschule auch den absoluten Gitarrenspielanfangenden ein begleitbares Lied anzubieten, wurde beim Singen schnell klar, dass auch hier das Bild des Sterns für ein freundliches Gegenüber passt. Es wird verstanden, es ist singbar, es „fühlt sich an“.
Zur Einstimmung ist ein Gespräch über die Vielfalt der Sterne und die aktuelle Weihnachtsdekoration rund um uns angeraten: Wie viele Sterne sehen wir in unserem Ort? Was wisst ihr vom Weihnachtsstern, dem von Bethlehem? Habt ihr vom Advent gehört, der eher dunklen Zeit, die erst zu Weihnachten erleuchtet wird? Mögt ihr Sterne? Was sagen sie uns? Kann ein Mensch für einen anderen ein Stern sein? Langsam und sehr deutlich singen wir die erste Zeile. Danach die zweite usw. Es zeigt sich, dass auch unsere Willkommenskinder das Lied gern singen und bewältigen.
In der Nachbarschule bei den Gehörlosen wird gebärdet. Eine Lehrerin zeigt in diesem Heft, wie die Zeichen für die Strophen in Gebärdensprache ausgeführt werden.
Am Ende haben wir den Stern in unseren Freunden entdeckt, Sterne für unser Zusammensein. Mehr Stern in seiner ganzen Bedeutungsmöglichkeit als unendlich viele Glitzersterne.
Leuchte, mein Licht
In Leuchte mein Licht singen wir von der dunklen Zeit, erzählen von Beispielen des nicht so Guten. Wir geben dem Licht die Aufgabe, das Dunkle hell zu machen und das Licht ist nun keine Kerze, sondern etwas, das wir selbst besitzen, eine helle Kraft, die wir mit anderen zusammen entfalten können.
Wie bei allen Liedern, die guttun, geht es nur über jemanden, der authentisch dahinter steht und „leuchtet“, nicht nur still für sich allein, sondern im Kontakt mit der singenden Gruppe. So können Stern und Licht Beispiele für eine fühlbare Weihnachtszeit sein, die nicht nur christlich geprägt ist, sondern viele mitnehmen kann, die in diesen Tagen etwas Versöhnliches, Besinnliches, mit Anderen Teilbares suchen.